Mit Magnetresonanztomographie kann man Gehirnaktivität beobachten
Mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) kann man dem Gehirn beim Denken zuschauen! Forschende können mit diesem Verfahren sichtbar machen, welche Hirnareale gerade aktiv sind – zum Beispiel während die Versuchsperson schläft, eine Aufgabe löst oder Bilder anschaut. Wie funktioniert das, und was beobachten Forschende mit dieser Methode im Gehirn?
Wenn Nervenzellen aktiv sind, brauchen sie mehr Sauerstoff. Das beeinflusst indirekt den Fluss von sauerstoffangereichertem Blut in ihrer Nähe. Je nach Sauerstoffsättigung hat Blut andere magnetische Eigenschaften. Funktionelle Magnetresonanztomographie macht sich das zunutze: Sauerstoffarmes Blut sieht auf MRT-Bildern anders aus als sauerstoffreiches. So kann man beobachten, welche Gehirnareale gerade aktiv sind.
Ein großer Vorteil dabei: Dafür sind keinerlei Eingriffe nötig. Versuchspersonen können während der Messung zum Beispiel schlafen, lernen, sich erinnern, Bilder anschauen oder Rechenaufgaben lösen. Ein großer Vorteil für Forschende, die untersuchen wollen, wie diese Prozesse im Gehirn ablaufen!
Romy Lorenz’ Forschungsgruppe Cognitive Neuroscience & Neurotechnology beispielsweise interessiert sich dafür, wie das Gehirn Probleme löst, plant und entscheidet. Eine Schlüsselrolle bei solchen höheren kognitiven Funktionen spielt das sogenannte frontoparietale Netzwerk. Dieser Teil des Gehirns ist bei jedem Menschen unterschiedlich, so individuell wie ein Fingerabdruck! Das macht es besonders herausfordernd, zu erforschen, welche Rolle seine einzelnen Teile spielen. Um seine verschiedenen Schichten einzeln zu untersuchen, braucht man fMRT-Messungen mit besonders starken Magnetfeldern.
fMRT oder EEG? Wann welche Methode weiterhilft
Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten, Gehirnaktivität zu messen, zum Beispiel die Elektroenzephalographie (EEG). Dabei messen auf der Kopfhaut angebrachte Elektroden die elektrischen Impulse, mit denen die Gehirnzellen kommunizieren. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile: Abgesehen von den niedrigeren Kosten und dem deutlich einfacheren Transport des Equipments kann man mit EEG bis auf Millisekunden genau messen, wann ein Gehirnareal aktiv ist; fMRT erreicht nur Auflösungen im Sekundenbereich. Andererseits kann fMRT bis auf wenige Millimeter genau beobachten, wo das Gehirn aktiv ist; bei EEG sind es Zentimeter. Und: Mit fMRT kann man bis in die tiefsten Gehirnregionen vordringen; EEG und viele andere Methoden liefern von dort nur extrem ungenaue Bilder.
Manchmal führt die Kombination verschiedener Bildgebungsverfahren zum Erfolg. Svenja Brodts Forschungsgruppe Brain States for Plasticity untersucht mit EEG und fMRT unter anderem, wie Erinnerungen dauerhaft im Gedächtnis verankert werden. Neue Eindrücke gelangen zunächst in den Hippocampus, ein Areal tief im Gehirn. Der Hippocampus gibt sie an den Neocortex weiter, den stammesgeschichtlich jüngsten Teil der Großhirnrinde. Wenn der Hippocampus oft genug den Neocortex erinnert, landet die Erinnerung schließlich im Langzeitgedächtnis. Meist geschieht das im Schlaf. Überraschenderweise konnte Svenja Brodt aber auch zeigen, dass durch wiederholtes Üben der Neocortex auch unabhängig vom Hippocampus lernen kann. Ein möglicher Lichtblick für Alzheimerpatient*innen, bei denen oft schon in einem frühen Stadium der Hippocampus beeinträchtigt ist!
Die Melodien des Wahrnehmens und Denkens erkennen
Auch Robert Ohlendorf ergänzt fMRT durch andere Verfahren, denn für seine Zwecke ist fMRT alleine nicht präzise genug: Seine Forschungsgruppe Molekulare Signalübertragung interessiert sich dafür, wie genau die Information im Gehirn übermittelt wird. Während wir die Botenstoffe im Gehirn schon kennen – Serotonin und Dopamin zum Beispiel gehören dazu – wissen wir noch nicht genau, was sie im Gehirn machen: Es ist, wie alle Töne eines Liedes zu kennen, aber nicht ihre Reihenfolge oder den Rhythmus. Daher baut das Team unter anderem biologische Sensoren: eigens entwickelte Proteine, die mit verschiedenen bildgebenden Verfahren nachverfolgt werden können. Sie machen sichtbar, wann und wo die Botenstoffe im Gehirn im Einsatz sind. Die Hoffnung: Irgendwann können wir so aus den einzelnen Tönen die Melodien des Wahrnehmens, Denkens und Entscheidens zusammensetzen.