Hermann-Neuhaus-Preis für Max-Planck-Forscher Ulrich Lutz
Herausragende Forschungsarbeit zur Schnelldiagnose von herbizidresistentem Unkraut
Nachwuchsforscher und Postdoktorand Ulrich Lutz am Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen erhält den Herrmann-Neuhaus-Preis der Max-Planck-Gesellschaft für die Entwicklung einer Diagnosemethode zur Erkennung herbizidresistenter Unkräuter in der Landwirtschaft. Bereits seit vielen Jahren steht die Agrarindustrie aufgrund zunehmender Nachfrage unter Druck, höhere Erträge unter Anforderungen nachhaltigeren Ackerbaus zu erbringen. Gleichzeitig wächst die Zahl an Wildkräutern, die den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln überstehen. Das von Ulrich Lutz in der Abteilung Molekularbiologie unter Leitung von Detlef Weigel entwickelte Testverfahren ist schnell, kostengünstig und wird neben effizienterem Agrarmanagement eine nachhaltigere Landwirtschaft unter Vermeidung von Herbiziden ermöglichen.
Die allgemeine Herbizidresistenz bei Unkräutern hat einen landwirtschaftlichen Betrieb nach ökologischen Vorgaben auf vielen Agrarflächen bereits erheblich eingeschränkt oder unmöglich gemacht. In Europa sind landwirtschaftliche Unkräuter mittlerweile sogar häufiger vorzufinden als etwa in Nordamerika. Dies liegt hierzulande vor allem an einem intensiv betriebenen Ackerbau und einer stärkeren Beanspruchung des Bodens aufgrund begrenzt verfügbarer landwirtschaftlicher Flächen. Weltweit sind über 260 Unkrautarten bekannt, die gegen die meisten Pflanzenschutzmittel Resistenzen entwickelt haben und durch die jedes Jahr ein Verlust von vielen Millionen Tonnen an Erträgen entsteht.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, ist ein frühzeitiges diagnostisches Verfahren notwendig, das die Zunahme von resistenten Unkräutern begrenzen kann. Hierzu entwickelte Ulrich Lutz einen neuen Ansatz, den er gemeinsam mit Landwirt*innen und großen Agrarunternehmen weiterentwickelte. Mit ihrer Unterstützung konnte er auf eine breite Anzahl an Unkrautpopulationen zurückgreifen, um unterschiedliche Methoden zum Nachweis einer Herbizidresistenz zu prüfen. Hierzu bediente er sich neuester DNA-Sequenzierungstechnologien sowie bioinformatischer Analysen. Die heraus gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten ihm außerdem, ein mobiles Kleinlabor zu entwickeln, das eine schnelle Untersuchung von resistenten Unkräutern auf Ackerflächen vor Ort erlaubt.
„Schon heute wird in der Landwirtschaft eine ganze Reihe an genetischen Resistenztests angewandt. Sie sind aber alle kostspielig oder sie haben eine lange Durchlaufzeit, so dass sie nur von begrenztem Mehrwert für Agrarbetriebe sind. Wirksame Maßnahmen der Unkrautvernichtung können so nicht im ausreichenden Maß getroffen werden“, erklärt Ulrich Lutz die Situation. Die Folge seien in der Regel weiterhin hohe Ertragsverluste und eine unnötige Umweltbelastung durch den Einsatz von Unkrautvernichtern, so der Wissenschaftler.
Seine Kenntnisse auf den Gebieten der Herbizidresistenz, Molekularbiologie, der Bioinformatik und Sequenzierungstechnologien brachten ihn während seiner Zeit als Postdoktorand in der Abteilung von Detlef Weigel am Tübinger Max-Planck-Institut für Biologie auf die zündende Idee. Einen Prototyp der Methode konnte er bereits mit Landwirten testen und gemeinsam mit Industriepartnern fertigstellen, was ihm die Gründung eines Startups ermöglichte.
„Ähnlich einer antimikrobiellen Resistenz beim Menschen ist die zunehmende Widerstandsfähigkeit von Unkräutern zu einer zentralen Herausforderung in der Landwirtschaft geworden, insbesondere zulasten des ökologischen Landbaus. Die Erkenntnisse von Ulrich Lutz, deren Grundlagen er bereits als Doktorand entwickelte und in meiner Abteilung vorantrieb, fügten sich perfekt in eines meiner neuen Forschungsgebiete ein. Hier untersuchen wir die Entwicklung von Herbizidresistenzen bei landwirtschaftlichen Unkräutern vor allem aus genetischer Perspektive. Ulrich Lutz erkannte die Bedeutung unserer Untersuchungen für die Anwendung in der Landwirtschaft“, erklärt Detlef Weigel.
Mit Gründung seines Einzelunternehmens konnte Ulrich Lutz zügig einen Kundenstamm aus Industrie und Wissenschaft aufbauen. Durch den erfolgreichen Abschluss von ersten Aufträgen und neu auswertbaren Daten aus Kundenprojekten ist eine rasche Weiterentwicklung des Produkts ermöglicht. Mit dem Preisgeld des Hermann-Neuhaus-Preises möchte er außerdem versuchen, über Workshops das Grundlagenwissen seiner Erfindung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu vermitteln. Forschende in diesen Regionen könnten somit Landwirt*innen bei der Bewältigung des Umgangs mit resistenten Unkräutern unterstützen und ihnen mit seiner Entwicklung einen praktischen Mehrwert bieten.